Was zahlt der Staat noch bei Erwerbsunfähigkeit?

Noch immer verlassen sich viele Menschen in punkto Berufsunfähigkeit auf die staatliche Versorgung. Doch die staatliche Erwerbsminderungsrente reicht im Fall der Fälle nicht zum Leben aus. Wir erläutern die Hintergründe.

Veröffentlicht am 24. Februar 2020

Seit der Rentenreform im Jahr 2001 hat der Staat die Versorgung bei Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit deutlich reduziert beziehungsweise eingestellt. Es gibt heute keinen Anspruch mehr auf eine staatliche Berufsunfähigkeitsrente. Immer weniger Versicherte – nur vor dem 2. Januar 1961 geborene Bürger – können diese Leistung überhaupt noch beanspruchen. 

Stattdessen zahlt der deutsche Staat eine Erwerbsminderungsrente (EM), deren Höhe davon abhängt, wie viel Stunden irgendeine berufliche Tätigkeit noch ausgeübt werden kann. Die EM-Rente ist schwerpunktmäßig in Paragraf 43 Sozialgesetzbuch (SGB) VI geregelt. Wer noch in der Lage ist, sechs Stunden täglich einfache Tätigkeiten, zum Beispiel als Pförtner oder als Museumsaufseher zu absolvieren, erhält keine Erwerbsminderungsrente vom Staat. Ob die Betroffenen tatsächlich einen solchen Arbeitsplatz finden, spielt dabei keine Rolle.

 

Riesige Versorgungslücken

Die Rente wegen voller Erwerbsminderung beträgt nach einer Faustformel lediglich rund 36 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Wer nur noch weniger als drei Stunden täglich in irgendeinem Job arbeiten kann, muss einen Antrag beim zuständigen Rentenversicherungsträger stellen. Dies gilt auch für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Betroffenen, die noch zwischen drei und sechs Stunden täglich arbeiten könnten. Dann erhalten sie die Hälfte der vollen Erwerbsminderungsrente. Die Prüfung beider Rentenarten ist aufwändig und kann bis zur Bewilligung teils länger als ein Jahr dauern. Rund 40 Prozent der Anträge werden laut offiziellen Angaben abgelehnt.

EM-Renten werden meist befristet gewährt und können eingestellt werden, falls sich der Gesundheitszustand entsprechend verbessert. Sie werden maximal bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze ausgezahlt. Für Versicherte der Geburtsjahrgänge ab 1964 bedeutet das, dass sie maximal bis zur Vollendung ihres 67. Lebensjahres staatliche EM-Leistungen erhalten können.

 

Wartezeit muss erfüllt sein

Dies gilt jedoch nur für Versicherte, die innerhalb der letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre lang, also 36 Monate, Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Zudem muss insgesamt eine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt sein, das heißt, es müssen insgesamt mindestens 60 Monatsbeiträge eingezahlt worden sein. Berufsstarter haben nur in Ausnahmefällen Anspruch auf eine staatliche EM-Rente. Das gilt auch für Selbstständige, die beispielsweise freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen!

Bei der Erwerbsminderungsrente gibt es darüber hinaus viele Detailregelungen und Besonderheiten, die den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Weiterführende Informationen leistet beispielsweise der Sozialverband VdK. In 2019 bezogen rund 1,8 Millionen Menschen Leistungen aus der staatlichen Erwerbsminderungsrente. Die Schilderungen verdeutlichen in jedem Fall, dass niemand von einer staatlichen Erwerbsminderungsrente seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Die Vorsorgelücken sind enorm. Eine zusätzliche private Absicherung des Arbeitskraftrisikos ist daher unerlässlich.

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